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Abgeschickt von Kathrin am 20 Januar, 2001 um 22:38:08:

Antwort auf: Re: Oekonomie vs. Idiotie von Grisel am 20 Januar, 2001 um 14:59:07:

Hallo Grisel!

: : Mit Lymond wuerde ich mich das NIE trauen (...)
: Außerdem würde man ihn eh nicht verstehen. Mit Jerott würde ich mich gerne mal unterhalten.

Stimmt. Das lasse ich Jerott zugutekommen: Er ist so schoen imperfekt. Obwohl ich ihm am Anfang deswegen gerade NICHT leiden konnte.

: Falls ich Dich recht verstanden habe, habe ich etwas ähnliches. So etwas wie Romane, die ich ersinne, ohne sie je niederzuschreiben.

Warum eigentlich nicht? Okay, jeder kennt das Heer an hoffnungslosen Schreibslern, die in ihrem stillen Kaemmerlein irgendwelche hirnverbrannten Sachen zusammenmurksen und sich dann wundern, dass es kein Verlag drucken will. Eine Freundin von mir hat mir mal beschrieben, was fuer literarische Erguesse da so eingeschickt werden: Viel Lyrik (am besten in Schnoerkelschrift gedruckt) und viele hochdramatische Memoiren (gaehn!).
Aber trotzdem macht es doch Spass, irgendwelche Ideen festzuhalten. Es ist wie ein lebendes Tagebuch, nur anders. Man liest es sich durch, erinnert sich bei jedem einzelnen Satz an das komplette Gedankengebaeude dahinter und weiss, warum man ihn so und nicht anders geschrieben hat. Ich sagte ja, nirgendwo springt mir meine Puberaet besser ins Gesicht als da.
Besonders nett ist es dann, wenn man sich ueberlegt, welche Ideen hinter Szenen anderer Autoren stehen koennten. Zum Beispiel das Schachspiel in PiF eignet sich gut als Anschauungsobjekt: Mal angenommen, DD entschliesst sich, den High Noone zwischen G und L als Schachspiel zu gestalten. Dazu muessen ja eine Reihe von Voraussetzungen erfuellt sein. Wer koennte denn beispielsweise die Macht haben, den beiden ein solches Schachspiel um Leben und Tod aufzuzwingen? Klar, der Sultan.
Jetzt stellt DD aber leider fest, dass zu diesem historischen Datum der Sultan gerade auf einem persischen Sommerfeldzug war. So ein Pech. Wie loesen wir das Problem? Gut, lassen wir also die Sultanin das Spiel organisieren. Naechstes Problem: Gabriel arbeitet fuer den Sultan. Wie kann die Sultanin dann sein Leben riskieren? Das loesen wir geschickt mit einer kleinen Verschwoerung von seiten Gabriels, was dazu fuehrt, dass die Sultanin indifferent dem Ausgang des Schachspiels gegebuebersteht.
Auf diese Weise fuegt sich eine logische Ueberlegung an die andere, und siehe da! schon haben wir einen groben Handlungsfaden. Ich liebe solche Gedankenspielchen, bei denen ich mich frage, was sich der Autor bei bestimmten Szenen wohl gedacht hat.

: Oder wenn jemand eine ungewöhnliche Theorie hat und sofort mit einem "wo ist das Indiz im Text?" niedergebügelt wird. Aber es kommt doch GSD selten vor.
Ich verfolge derzeit noch meine haarstraeubende These, dass in jedem Buch aus LC ein Gegenstand in irgendeiner Hinsicht eine Rolle spielt, im ersten Band zum Beispiel die Brosche, danach die Atztekenmaske, der Saphirring, das Spinett, der Silberrosenbusch... aber so richtig ueberzeugt bin ich davon selbst nicht. Ausserdem faellt mit zu CM kein adaequates Beispiel ein. Spass macht es trotzdem, sich so einen Mist zu ueberlegen.

: Aber die englische Sprache hat schon ihren Reiz. Manches klingt einfach plump wenn es übersetzt wird, während es im Original, naja, richtig klingt. Anders. Passender.
: Und, wie gesagt, die Nuancen. Viele Wörter kann man einfach nicht direkt übersetzen oder überhaupt.
Da mir mein erstes Englisches Buch zu kompliziert war, bin ich ja danach auch erstmal auf Kinderbuecher umgestiegen...
Das mit den Nuancen ist mir noch nie so aufgefallen. Erst seit dem Uebersetzen weiss ich, wieviel da so alles untergeht. Man bedenke nur das o.a. Beispiel mit dem lispelnden Lord Wharton!!! Ausserdem weiss ich auch jetzt erst, WIE vielfaeltig die Sprache von DD wirklich ist. Allein das Vokabelnachschlagen pro Seite dauert bei mir schon so etwa 2 Stunden.

Viele Gruesse
Kathrin


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