Abgeschickt von Grisel am 24 Januar, 2001 um 18:18:07:
Antwort auf: Re: Clotho von Kathrin am 24 Januar, 2001 um 12:28:57:
Hallo Kathrin!
: Danke fuer Deine informative Auskunft! Ich meine mich sogar dunkel an diese drei komischen Waiber erinnern zu koennen.
Stephen King hat sie auch auf sehr eigenartige Weise in sein "Schlaflos" eingebaut. Da waren es kleine Doktoren (???).
: So langsam faengt mich ausserdem an, Deine Schwaermerei fuer Berling zu interessieren. Martine fand ihn ja offensichtlich nicht so toll.
Soweit ich weiß, hat sie ihn noch gar nicht gelesen. Aber ich denke, sie würde ihn nicht mögen. Rebecca Gablé war es, die bei ihr mit Pauken und Trompeten durchgefallen ist.
>Was fabriziert er denn so? Kann man den einfach bestellen, und wenn ja, was waere denn zu empfehlen?
Oh, liebe Kathrin! Wie gerne beantworte ich diese Frage!
Abgesehen von einer Biographie über R W Fassbinder hat er (bisher???) 6 historische Romane geschrieben, die alle im Mittelalter spielen.
4 davon,
- Die Kinder des Gral
- Das Blut der Könige
- Die Krone der Welt
- Der Schwarze Kelch
hängen direkt als Serie zusammen. Sie spielen von 1244 bis 1260 ca.
Hier geht es um zwei Kinder mehr oder weniger mysteriöser Herkunft und Bestimmung, und um die Intrigen die sich ihre Beschützer und Verfolger (wechselnd) liefern.
Eingebettet ist das alles in die historischen Ereignisse, wie Fall des Montségur, 7. Kreuzzug, Mongolen usw.
Dann gibt es noch "Franziskus oder Das zweite Memorandum". Das ist so eine Art Prequel. Hier geht es zur Hälfte um den heiligen Franzisus und zur anderen um den Anfang der Albigenserkreuzzüge
und den 5. Kreuzzug usw.
Sein letztes Buch "Die Ketzerin" ist ebenfalls ein Prequel. Hier geht es um die Jugend einer der Figuren aus der Serie. Sie erlebt ebenfalls den Beginn der Albigenserkreuzzüge mit.
Eigentlich müßten alle Bücher noch im Handel erhältlich sein. Bei uns zumindest auch in den Bibliotheken.
Als Einstieg empfehlen sich die beiden einzeln stehenden Bücher. Alle sind sie großartig, nur der "Schwarze Kelch" fällt etwas ab.
Mittelalterliches Wissen ist zwar nützlich, aber keine Vorraussetzung. Bei meinem ersten Berling wußte ich buchstäblich Nüsse über die Zeit.
Die klassischen Kritikpunkte: zu dicht, zu verwirrend, zu viele fremdsprachige Zitate. Das kann Dunnett-Leser aber wohl nicht schrecken.
Und seine Sprache. Viele meinen, daß sie zu primitiv ist. Daß mittelalterliche Leute so nie gesprochen haben. Ich beneide diese Kritiker grenzenlos, da sie offenbar schon mal im Mittelalter waren (Zeitreise?) und somit genau wissen, wie die Leute dort gesprochen haben.
Wie auch immer. Schwülstige Sprache wirst Du bei ihm nicht finden. GSD. Sein Stil ist - für mich - einer der größten Pluspunkte, eben weil er nicht abgehoben ist. Es klingt für mich echt.
Ein anderer Kritikpunkt ist der Sex. Seine Figuren sind recht triebig. Wirklich extrem ist das aber nur im "Kelch".
Was haben wir noch an Pluspunkten? Viele Schauplätze, dutzende Figuren. Keine klassischen Liebesgeschichten oder Bösewichter. Es gibt beides, aber eben nicht klassisch.
Und Berling kennt sich sehr gut aus in seiner Zeit. Es hat mich viel Zeit und Forschung (Pseudo-) gekostet, um alle historischen Figuren zu identifizieren. Es gibt bei ihm viele historische Fußnoten wie zB John le Grant bei Dunnett.
Ich liebe ihn nicht nur seiner Bücher wegen, sondern weil ich ohne ihn nie zum Mittelalter-Junkie geworden wäre. Bücher können dein Leben verändern.
Ah, ein Buch habe ich vergessen.
"Die Nacht von Jesi". Das ist ein zeitgenössischer Roman, über die Probleme einer Theatergruppe, die ein Musical über die Geburt Friedrichs II aufführen will.
Hier hat er seine chaotischen Erfahrungen aus seiner Filmzeit mit Fassbinder verarbeitet.
Schluß, sonst höre ich nie wieder auf.
Grisel - wieder wehe wenn sie losgelassen