Abgeschickt von Martine am 10 Juli, 2000 um 02:12:37
Liebe Dunnetties,
ich möchte euch heute eine kleine Diskussion nucht vorenthalten die ich in zwei anderen Foren geführt habe, jaja, das kommt vom Fremdgehen..
Vielleicht regt sie euch ja auch ein wenig an?...ab?...auf...?
Und bitte beim Antworten, die überflüssigen Texte rausschneiden...
Wechen dem Forum, Ihr wisst schon,
äachz...kracks....rien ne va plus...
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So fing es an....
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Geschrieben von Manfred am 04. Juli 2000 22:11:40:
Als Antwort auf: Historischer Roman gesucht!!! geschrieben von Steffi am 04. Juli 2000 19:52:14:
>Als absoluter Historenfan suche ich immer neue, spannende historische Romane wie etwas "Das Lächeln der Fortuna". Leider kann ich mich nie wirklich zwischen mehreren Büchern entscheiden und würde deshalb gerne die Meinung anderer hören. Also, wenn ihr ein absolutes Lieblingsbuch habt, das ihr mir empfehlene würdet, ich bin für alles offen! Danke!
Hi Steffi!
Wärmstens empfehlen kann ich Dir DAS GEHEIME BUCH DER GRAZIA DEI ROSSI. Wunderbar.
Gruß,
Manfred
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Geschrieben von Martine am 05. Juli 2000 14:16:27:
Als Antwort auf: Re: Historischer Roman gesucht!!! geschrieben von Manfred am 04. Juli 2000 22:11:40:
... fand ich gar nicht gut.
Voller Anachronismen und Fehler, (Beispiel? Anno domini 1483 hat man noch keine Kartoffelsuppe in Europa gegessen) und ich fand es stilistisch nicht gerade überwältigend, oder liegt das an der Übersetzung? Kennt jemand das Original?
Ich fand es auch zu vollgepackt und die Charaktere zu schlecht entwickelt. Die Handlungsstränge wurden immer wieder abgeschnitten oder ganz fallengelassen. War für mich keine Lesefreude, bin besseres gewohnt.
Nun ja, die Geschmäcker sind verschieden.
Martine grüßt Manfred
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Geschrieben von Manfred am 05. Juli 2000 16:36:25:
Als Antwort auf: Das geheime Buch der Grazia dei Rossi ... geschrieben von Martine am 05. Juli 2000 14:16:27:
Hi Martine!
Fehler, Anachronismen? Was die Kartoffelsuppe angeht, okay. Aber sonst? Selten einen so EINFÜHLSAMEN und stilistisch auch in der Übersetzung ÜBERZEUGENDEN Roman gelesen. Die Art und Weise wie sich hier eine Figur innerhalb einer Buchlänge ENTWICKELT und in ihrem Handeln immer nachvollziehbar bleibt, ist meines Erachtens so selten in der Literatur, speziell in diesem Genre, daß man über kleine Unstimmigkeiten leicht hinwegschauen kann. Ich habe ja auch Gabaldon gelesen, und war anfangs von ihrer Art zu schreiben gefesselt. Das nutzt sich aber rasch ab, weil die Handlung in sich voller Klischees ist. Jacquiline Parks Roman hingegen hat auch in den Stellen gefesselt, in denen eigentlich nicht viel passiert.
Aber wie Du selbst sagst: Geschmackssache. Ich will mich hier nicht als Anwalt der Autorin hinstellen. War nur ein wohlgemeinter Tipp.
Grüße auch an Martine von Manfred
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Hi Manfred,
na das ist doch mal ne Diskussion nach meinem Geschmack...
Fehler, Anachronismen? Was die Kartoffelsuppe angeht, okay. Aber sonst?
Nun, in einer sehr lesefreudigen Mailinglist in der ich eingeschrieben bin ,wurde auch dieses Buch diskutiert. Und eine Frau aus Israel hat es gerade wegen der Darstellung jüdischen Alltagslebens und der jüdischen Riten zerrissen. - Ich weiß, daß das nun ein wenig unfair ist, ich bin sicher nicht in der Lage diesen Aspekt zu beurteilen, aber das gehörte für mich zu den Ungereimtheiten in diesem Buch.
Und was die Kartoffel anbelangt, ich finde so etwas wichtig. ( Wenn es dich interessiert, hier ein Tip, von dem ich allerdings den Autor nicht genau weiß: Holbown, oder so, -nicht der bekannte Wirtschafts- und Sozialhistoriker -
Fünf Pflanzen, die die Welt veränderten. dtv. Taschenbuch.
Eines der unterhaltsamsten Sachbücher die ich in den letzten Jahren gelesen habe!)
Selten einen so EINFÜHLSAMEN und stilistisch auch in der Übersetzung ÜBERZEUGENDEN Roman gelesen. Die Art und Weise wie sich hier eine Figur innerhalb einer Buchlänge ENTWICKELT und in ihrem Handeln immer nachvollziehbar bleibt, ist meines Erachtens so selten in der Literatur, speziell in diesem Genre, daß man über kleine Unstimmigkeiten leicht hinwegschauen kann.
Daß die Entwicklung einer Person oder die Charakterschilderung in diesem Genre oft ziemlich platt gerät, da stimme ich dir voll zu. Verdirbt mir auch das meiste, was ich da so lese. Der größere Teil der Historienschwemme ist sowohl von den Charakteren als auch von der Handlung her richtiger Trash.
Zurück zu J. Park. Auch ich fand sie am Anfang spannend und interessant, aber immer mehr blieb diese Spannung weg. (nein, ich bin kein Action-Fan). Sie verlor sich in unzähligen Handlungssträngen, die nie zu Ende geführt wurden, und die dann (aus Desinteresse, aus Unvermögen?) fallengelassen wurden.
Ich habe ja auch Gabaldon gelesen, und war anfangs von ihrer Art zu schreiben gefesselt.
Die hab ich nach einem Buch auch weggelegt, ähnlich wie du, fand ich das eine ziemliche Ansammlung von Klischees über eines der interessantesten Länder Europas, das eben mehr als eine Ansammlung von skuriller Gestalten im Highlanderoutfit ist.
Jacquiline Parks Roman hingegen hat auch in den Stellen gefesselt, in denen eigentlich nicht viel passiert.
Du hast recht, so ganz sollte ich sie nicht verdammen, denn die Bemühung die italienische Renaissance aus einer anderen Perspektive als unsere des christlichen Abendlandes zu zeigen, ist außergewöhnlich.
Aber ich kenne auch den alten Spruch:
das Gegenteil von gut ist gut gemeint...
Und noch mal zur Entwicklung der Personen/ Charaktere. Die o.g. Mailingliste ist einer Autorin aus diesem Genre gewidmet. Natürlich besprechen wir fast alles, was an historischen Romanen in den Zeitrahmen der Renaissance fällt.
Diese Frau hat das erste Buch 1964 veröffentlicht.
Und seit dieser Zeit hört die Diskussion um die Charaktere - und es geht meist nur um die Charaktere, - nicht auf. Zuerst per Brief, und seit es das Internet gibt, verteilt über die ganze Welt als Mailinglist. Die Art und Weise, wie ihre Hauptpersonen uns 500 Hanseln beschäftigen und wie ihre Handlungen und Beweggründe diskutiert werden, läßt manchmal vergessen, daß es sich hier NUR um erfundene Geschichten handelt.
Nun ja, jedem seine eigene Besessenheit.
Gruß zurück an einen "Historienschinken"-Fan ;-))
Martine
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So weit so gut. Das war in dem einen Forum eine nette kleine Diskussion.
Dann begann eine andere hübsche Diskussion zum Thema in einem anderen Forum.
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Geschrieben von Daniela am 06. Juli 2000 09:49:43:
Hallo meine Lieben!
Ich glaube, ich habe hier schon häufig genug wahre Hasstiraden gegen historische Romane losgelassen.
Dass ich nie verstehen werde, was man an "Der Päpstin" gut finden kann, gehört natürlich auch in diese Rubrik.
Aber: es gibt auch Romane, die in vergangenen Zeiten spielen, und die mir trotzdem - oder deswegen? - unheimlich gut gefallen!
Eines davon lese ich gerade: Die Entdeckung der Langsamkeit von Sten Nadolny.
Als allererstes fällt mir bei diesem Buch auf, dass es zwar in einer vergangenen Zeit spielt - aber nicht, wie bei historischen Romanen meist (leider!) üblich, diese Tatsache durch Herausstreichen, Beschreiben etc. hervorhebt. Es spielt einfach in dieser Zeit - und damit hat sichs. Wunderbar beiläufig wird der Rahmen für die erzählte Geschichte geschaffen.
Dazu kommt, das auch die Sprache der Protagonisten stimmig ist. Es gibt relativ wenig direkte Rede; Nadolny umgeht damit die Problematik, Menschen des 18. Jahrhunderts in unserer Sprache sprechen zu lassen.
Natürlich gibt es auch einige Punkte, bei denen ich noch am Zweifeln bin - darüber werde ich allerdings mehr schreiben, wenn ich mal wieder zu Hause online bin....
Ich bin mir aber sicher, der Eine oder Andere hat dieses Buch auch schon gelesen - ich lese es ja selbst schon zum 3. Mal. Wie ist eure Meinung dazu? Hattet ihr das Gefühl, es unter "historische Romane" einzureihen?
Gespannt wartet
Daniela
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Und was kommt auf diesen guten Beitrag als Antwort?
Was müssen meine blauen Augen lesen?
Das hier:
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Geschrieben von Fevvers am 06. Juli 2000 14:03:47:
Als Antwort auf: Historische Romane: Pro und Contra. Oder: geschrieben von Daniela am 06. Juli 2000 09:49:43:
Hallo Daniela,
zwar kenne ich weder Deine "Haßtiraden" noch Nadolnys "Langsamkeit". Aber zum Thema hist. Roman möchte ich hier Stellung beziehen.
Hist. Romane sind keine hist. Quelle und werden es auch nie sein. Ein Autor kann zwar versuchen, sprachliche Eigen- und Besonderheiten einer Epoche mittels uns heute antiquiert erscheinenden Vokabulars anzudeuten und damit seiner Handlung eine entsprechende Atmosphäre zu verpassen, aber es wird ihm nicht gelingen, ein authentisches Abbild zu schaffen, niemals. Dessen muß man sich als Leser immer bewußt bleiben. Autoren können eine sprachliche Annäherung zwar versuchen (und scheitern), sie können sie aber auch bleiben lassen (und erfolgreich sein), so wie es Lindsey Davis in ihren Romanen virtuos vorführt. Das ist eine Frage rein individuellen Könnens. Auch (oder gerade) in solchen atemberaubenden Anachronismen kann ein ganz besonderer Reiz liegen. Entweder mag man´s oder nicht.
Die ausführliche, bunte Schilderung des hist. Ambiente ist m.E. ein Charakteristikum des hist. Romans, fernab von staubtrockenen Geschichtsbüchern, unter denen wir in unserer Schulzeit zu leiden hatten, und es erklärt die Beliebtheit dieser Gattung in den letzten Jahren. Über den didaktischen Nebeneffekt muß man sich nicht unbedingt auslassen, denn hist. Romane sollen in erster Linie unterhalten. Und damit unterliegen sie letztlich - wie alle anderen auch - den persönlichen Geschmackskriterien und nicht etwa wissenschaftlichen. Natürlich gibt es auch in diesem lit. Genre eine Menge Schund und schlecht recherchierte Bücher, das bringt der ungeheure Erfolg so mit sich. Oberlehrerhaften Eifers sollte man sich aber enthalten, und selbsternannte Fehlerspürnasen sind völlig fehl am Platz. Sicherlich ist der geschilderte Verzehr einer spätmittelalterlichen Kartoffelsuppe, s. Leserattenforum, ein ´dicker Klopfer´, aber ist es gleich ein literarischer Weltuntergang?
Gruß, Fevvers
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Hab ich mich da zurückhalten können?
Ist der Papst protestantisch?
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Geschrieben von Martine am 06. Juli 2000 16:21:40:
Als Antwort auf: Kl. Pamphlet für den hist. Roman geschrieben von Fevvers am 06. Juli 2000 14:03:47:
Hallo Fevvers
Na da muß ich doch gleich auch mal meinen Senf dazugeben wenn du mich hier so ungeniert zitierst.
und deinen Text schneid ich der Lesbarkeit halber nu' auch mal einfach wech...weil mein Eifer einen ziemlich langen Antworttext produziert hat.
Ja, der Verzehr von Kartoffelsuppe vor der Entdeckung Amerikas weist mir nach, daß die besagte Autorin, oder die besagte Übersetzerin, oder die besagte Lektorin ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben.
Und ja, wenn du schon erklärst, daß historische Romane nur "Edutainment" sind, dann ist das ein Fakt, der außer acht läßt, daß mit der Kartoffel, die es 1490 in Europa noch nicht gab, auch andere Zeiten angebrochen sind. (Du kannst ja dazu dir mal meinen Literaturtip drüben angucken.: Fünf Pflanzen, die die Welt veränderten).
Es gibt/gab außer der Kartoffelsuppe noch einige andere Kleinigkeiten die mir an dem besagten Buch mißfallen haben und ich habe sie in meiner Antwort auf Manfred hoffentlich ausführlich genug dargelegt.
Ich stimme mit dir überein, daß historische Romane keine Quelle FÜR DIE ZEIT DIE SIE BESCHREIBEN sind, aber neben dem Edutainment gibt es einen zweiten Aspekt.
Sie sind eine Quelle für die Zeit in der Sie geschrieben sind. Und zwar legen sie, - gesetzt der Fall, die Autorin hat gut recherchiert (siehe kartoffelsuppe)- dar, wie WIR Zeitgenossen die Vergangenheit verstehen. Das tun in gewisser Weise natürlich auch die Romane, die ich zum Trash des Genres zähle. Als Beispiel führe ich hier die ganzen dilettantischen Mittelalterschinken an, die die alte Sichtweise vom "dunklen" Mittelalter abgelöst haben und nun diese Zeit als fantastisch und wundersam verklären und so zur Ideengeschichte des 20. und 21. Jharhunderts ihren Beitrag leisten.
Und nun zur Sprache. Soll sie, oder soll sie nicht, vor diesem Problem steht jede Autorin des Genres. Ich führe mal hier den Begriff der "historisierenden "Sprechweise ein, und bin mir bewußt, daß es jetzt gleich zu Mißverständnissen kommen wird.
Deshalb die Erklärung vorab: damit meine ich nun, daß die Autorin (Männer sind hier immer eingeschlossen) versucht die Sprechweise der Zeit über die sie schreibt, nachzubilden.
Für uns klingt das ungewohnt und oft ist es eine Krücke. Persönlich ist es mir lieber, sie unterläßt es, denn wenn sie vorher schon keine Atmosphäre herstellen konnte, wird die (verquaste) Sprechweise sie jetzt auch nicht mehr retten.
Jeder "historische" Roman ist eine Reflektion, und so darf auch dieses Element "gebrochen" werden, indem man es beim uns Bekannten beläßt.
Linda Davis ist ein gutes Beispiel für diese Brechung. Natürlich hat es im alten Rom keinen Privatdetektiv gegeben, wie Didius Falco einer ist. Aber es hätte ihn geben können, wenn das alte Rom das Rom von Linda Davis wäre.
Doch das Rom von Linda Davis ist das Rom von heute, jedoch ohne Autos, ohne moderne Technik,aber mit der italienischen Lebensweise, natürlich ohne Pasta und Tomaten, aber dafür mit der Wäsche über engen Gassen, den mehrstöchigen Häusern, den lauten Bewohnern und dem italienischen Temperament. Alles das, was wir auch sofort vor uns sehen, wenn wir "Italien" hören. Und ihre Bücher machen Spaß, weil wir gleichzeitig wiedererkennen und reflektieren, ohne daß uns da eine oberlehrerinnenhaft das alte Rom erklärt.
Dabei haben wir hier schon den Witz und die Sprache ganz beiseite gelassen...
Und ja, Anachronismen unterlaufen auch meinen Lieblingsautorinnen. Und ich suche nicht fieberhaft danach. So verwendet Dunnett einmal da Wort "Sadismus" in der wörtlichen Rede, und das im 16. Jahrhundert. Ich hatte das Buch zweimal gelesen, als es mir an dieser Stelle auffiel. Und nicht weil ich unaufmerksam lese, das geht bei Dunnett sowieseo nicht, sondern weil das, was sie beschrieb mich so in den Bann zog, daß ich darauf nicht achtete. Ich könnte auch die Kartoffelsuppe verzeihen, falls das andere drum herum mich darüber hinweg trösten kann. Und ja, ich habe da ein paar Ansprüche und ähnlich wie Daniela, kann ich mit schnell zusammengeschrubbten Schmökern à la Cross oder Gabaldon wenig anfangen. Zu flach die Charaktere, zu offensichtlich die Handlungsstränge zu unintelligent die Sprache und ich komme mir doof vor, wenn mir die Autorin dauernd erklärt, was jetzt Sache ist. Nichts weiter als Fast-Food-Lesestoff und ich bin nun mal ein wenig schneckenfresserisch.
" ...und damit unterliegen sie letztlich - wie alle anderen auch - den persönlichen Geschmackskriterien.." hast du zum Ende hin geschrieben.
Das ist richtig und stimmt so nicht.
Historische Romane sind ein literarisches Genre. Wie jede Kunst läßt sich das in die zwei einziggültigen persönlichen Kategorien "Gefällt mir" und "Gefällt mir nicht" aufteilen.
ABER: wie gesagt ein LITERATUR-Genre.
Und da gibt es eben die literarische Qualität.
Wie entwickelt die Autorin ihre Story, ihre Charaktere?
Wie meistert sie stilistisch, was sie beschreibt , wo hat sie Höhen und Tiefen?
Und wo scheitert sie?
Das sind die Kritereien warum wir heute noch Walter Scott und R. L. Stevenson lesen und der alte Pitaval vergessen ist.
Gruß
Martine....
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Und was sagt ihr zu's Ganze? Noch kurz vor E2K, nicht schlappmachen Mädels!
Was sind historische Romane für Euch,
Oder ist Dunnett Soap-opera?
Gruß Martine