Rye-Wochenende 2004


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Abgeschickt von Jenny W am 20 Oktober, 2004 um 14:12:46:

Liebe Martine,
Es tut mir leid, dass ich nicht eher auf die Fragen eingehen konnte (aber siehe Vermerke an Max): ich war am Wochenende in Rye beim Treffen der “Confraternity of Niccolo and Lymond”. Es war wieder ein tolles Wochenende. Jo Kirkham hatte für den Freitag einen Ausflug nach Dover zwecks Burgbesichtigung organisiert: vom römischen Pharos über Sachsen und Normannen bis zum 2. Weltkrieg. Wenn man wissen will, wie das Klo (the jakes) von Heinrich VIII stank, sollte man unbedingt hin! Es war ganz gut, wieder draußen im schönen Sonnenschein zu sein, obwohl die anschließende Besichtigung der Tunnel in den Kreideklippen hoch interessant war. Sie stammen ursprünglich aus dem Krieg gegen Napoleon, wurden aber im 2. Weltkrieg erheblich erweitert. Es schlossen sich zwei Kirchenbesichtigungen an.
Am Samstag war das eigentliche Treffen im altehrwürdigen “Mermaid Inn” zu Rye. Zunächst eine gespielte Fassung der Szene in der “Hall of Revels – ‘Languish Locked in L’), dann eine tolle Vorführung von “the Scryvener and his Wife”. Das ist ein Paar, das in voller Montur des 15. Jahrhunderts uns alles über Manuskripte, Bücher, Schreibmaterialien, Münzen, Gewichte, Stoffe, Färberei (mit Beispielen von Farben und Hilfsmitteln inkl. Alaun) und noch vielen anderen Sachen erzählte.
Unter anderem erwähnte Alex, der “Scryvener” die 19 Fächer, die man damals an der Uni im Grundstudium durchnahm. Neben Arithmetic und Briefe Schreiben (wie adressiert man denn formvollendet einen Brief an einen regierenden Monarchen?) auch Astronomie und Astrologie. Da musste ich an unsere Tierkreiszeichen für Niccolo denken.
Nachmittags gab es dann einen Vortrag über Schiffahrt zur Entdeckungszeit: Kolumbus und Cabot, die Karten und Weltdarstellungen, alles von einer Expertin der National Maritime Museum. Übrigens, sagte sie, dass man im Mittelalter sehr wohl gewusst hat, das die Erde ein Globus sei, man konnte es nur nicht so gut zweidimensional darstellen. Erst im 19. Jahrhundert wurde der Mythos propagiert, man habe früher gedacht, die Erde sei flach wie ein Teller!
Sonntags ging es dann im Bus durch den Tunnel nach Brügge. Das Wetter spielte leider nicht mit – es goss in Strömen. Die Stadtväter von Brügge haben auch wohl etwas gegen Tagesausflügler: Reisebusse dürfen nicht mehr in die Stadtmitte fahren, sondern müssen draußen am Bahnhof parken, von wo aus man 20-30 Minuten bis in die Stadtmitte wandert. Der Weg ist zwar schön (am Minnewater vorbei) und interessant, aber wenn man nur 4 Stunden dort hat und 1 Stunde für den Weg aufgeht, ist das ärgerlich. Wir sind dann alle unterschiedliche Wege eingeschlagen. Manche sind tapfer draußen im Regen geblieben und haben alles zumindest gesehen, andere, wie ich, haben es vorgezogen sich zumindest zeitweise vor dem Regen zu retten. So konnte ich das Johanneshospital und die Bilder von Memling besichtigen sowie das Haus Gruuthuse (überall Kanonen!).
Der Besuch hat hauptsächlich bewiesen, dass ein Niccolo-Wochenende in Brügge sich lohnen würde! Jo hatte einen Stadtplan vorbereitet mit gekennzeichneten Dunnett-relevanten Sehenswürdigkeiten und auch eine schöne Karte der weiteren Umgebung – der nordfranzösischen und flämischen Küste – mit weiteren Francis- und Niccolo-Vermerken. Ich hoffe, 'Whispering Gallery' wird diese veröffentlichen können – das wäre Stoff für mindestens eine Wochenreise.
Brügge ist von Deutschland aus auch nicht weit. Wie wär's?
Herzliche Grüße
Jenny



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