Abgeschickt von Martine am 09 Mai, 2002 um 21:07:55:
Antwort auf: weibl.psyche oder ly und die heidelbeerkuchen von amicadd am 09 Mai, 2002 um 02:40:20:
Hi amicadd,
also ich versuche mal eines nach dem andern zu kommentieren,
Zuerst zu deiner Lymondfrage:
wie viele kuchen mag er in den jahrzehnten schon angeboten bekommen haben??
Er hätte ne Konditorei aufmachen könne... Bin mir sicher...
Rückfrage:
Du meinst die Reaktion von Kate, als sie erschrickt und zurückweicht und er das so deutet, daß sie glaube er hätte vorgehabt sie zu schlagen.
An dieser Stelle in DK ist er völlig fertig, und er hat ihre Tochter geschlagen, (Kurz vorher in Liddel's Keep) - Er wendet für ihn dort vollkommen unüblich Gewalt an, um etwas zu bekommen, wenn es auch in diesem Zusammenhang völlig berechtigt ist. Aber er wendet auch Gewalt gegen sich selbst - mit der Weigerung zu schlafen.
Ja, diese Szene spricht Frauen mehr an als Männer, ja, ich glaube auch, daß hier ganz deutlich auf ein bestimmtes Publikum hingezielt wird und eine Bindung gefestigt wird. Aber das ist eben der Witz an Dunnett. Sie kalkuliert das nicht bewußt, aber sie kann es einsetzen, in dem Moment wo sie es braucht. Und bis zu diesem Moment sind wir in einem Zwiespalt, der noch anhält (Gabriel vs. Lymond) Wir haben als Leser Gabriel noch nicht "erkannt".
Und Dunnet spielt mit unserer Bindung an Lymond. Und das tut sie besonders deutlich im ersten Band, als wir lange im unklaren bleiben, wer hier der Held ist, aber sie wiederholt das Spiel auch immer wieder in jedem anderen Band. Mit Variationen natürlich.
Natürlich ist DD für mich hier die große Manipulatorin, oder besser durch ihre ganzen Bücher hinweg die Manipulatorin, sozusagen das Alter Ego der DdeD.
Und sie schafft es immer wieder uns als Leserinnen (ich sage hier bewußt Leserinnen in die Position von Kate zu setzen. Wir mögen Lymond, und wir haben Sympathie für ihn aber er ist für uns auch ausgesprochen "schwierig" im Umgang.
Ich plaudere mal aus dem Nähkästchen und hoffe, ich werde nicht gleich heftig zurückgepfiffen: Vor kurzem habe wir versucht jemanden zum Dunnett lesen zu bekommen. Diese Leserin hat aber in GoK aufgegeben, weil sie die Lymondfigur gewalttätig, unausstehlich und unsympathisch fand. Sie ist nicht bis zu dem "point of no return" gekommen. Warum kann ich nicht sagen, aber DDs Konzept ist da nicht aufgegangen. Die vorgesehene Bindung an die Figur, die Sympathie für sie und ihre Schwierigkeiten und das Angebot von Herzen in Blaubeerkuchen hat sich nicht entwickelt.
Zu Lymond und Frauen:
Ich finde nicht, daß Lymond mit bodenständigen - oder auch anderen Frauen - Probleme hat.- im Gegenteil, ich würde sagen, er ist ein Mann der Frauen weder über- noch unterbewertet. Außer in seiner "Muttibindung" geht er sogar ausgesprochen normal mit Frauen um, etwas was ich mir viel mehr von Männern wünschen würde.
Vergleiche ihn mal mit Richard. Der hebt Frauen in den Himmel, und behandelt sie wie rohe Eier, sie sind für ihn etwas an dem er Beschützerinstinkt ausüben kann und er sieht Frauen als "immer schwach" an. Das führt in GoK z.B. zu fürchterlichen Fehleinschätzungen (Sybilla, Mariotta) und setzt sich in DK fort (Joleta als Opfer) und gipfelt in seiner Reaktion auf Philippa in Checkmate. Richard kann nur mit einem heftigen Tritt in den Landlordhintern in GoK dazu gebracht werden sein Verhalten gegenüber Mariotta zu ändern.
Wo die Männer im Forum bleiben, wüßte ich auch gern. Es gibt aber meine persönlichen Hypothesen dazu, die nicht stimmen müssen. Ich stelle sie hier mal zur Diskussion.:
1.
Männer lesen ungern Bücher von Frauen, denn sie haben Befürchtungen daß das immer reine Liebesschnulzen sind.
2.
Männer haben mit Dunnetts Stil mehr Schwierigkeiten. Ungeübt in der Kunst der emotionalen Manipulation sind sie nicht fähig, ohne die Führung eines auktorialen Erzählers Dunnetts plots zu folgen.
3.
Männer lesen weniger. Wenn sie lesen, haben sie ihr Hauptgewicht auf eher männerbetonten Genres (SF und Krimis)
Zu den schockierenden Beiträgen:
Jetzt bin ich erschrocken, findest du wir benehmen uns hier zu elitär?
Ich hoffe nicht. Ich habe durchaus die Angewohnheit recht provozierend zu werden, aber es ist meist nicht allzu ernst zu nehmen. Ich wäre wirklich entsetzt, wenn mein Verhalten dazu führt, daß sich jemand nicht wohl fühlt.
Allerdings, ich diskutiere auch gerne recht offensiv. (Auseinandersetzung als Sport ist typisch für eNTps und oft sind sie darin so heftig, daß es für andere ZU heftig ist.) Kannst du ein Beispiel nennen, damit ich mich drauf beziehen kann?
Ich würde es nicht gerne sehen, wenn wir hier eine geschlossen Gesellschaft aufmachen, in die Neulinge schwer reinkommen.
Zur germanistischen Vorbildung. Die habe ich auch nicht. Ich bin ein gefräßiger Leser, ich habe unglaublich viel gelesen, denn ich habe damit früh angefangen. Inzwischen bin ich aber auch eine sehr kritische Leserin geworden. Manchmal etwas überkritisch. Ich bin auf kein Fall eine Intellektuelle, mein Gehirn ist größtenteils mit Information angefüllt, die ich zwar bei "Wer wird Millionär?" gut verwenden könnte, aber die mir sonst nix nützt. Und auch ich lese gerne Unterhaltungsgenres. Die hohe Literatur und die U-Literatur trenne ich nicht mal in meinem Bücherregal.
Und ob du Dunnett bisher auf Deutsch kennst oder auch schon auf Englisch, sollte keine Rolle spielen. Eher würde ich es bedauern, dir den Spaß daran zu verderben, deshalb werde ich nicht viel über das sagen, was dich noch erwartet, es wäre schade. Aber dir steht es frei zu fragen und auch die alten Spoiler zu lesen.
Daß wir das mit den Spoilern so halten, ist durch unsere (nun nicht mehr) "Neuen" gekommen, die es so lieber hatten. Das muß nicht für jeden gelten. Und natürlich solltest du dir das Mitreden auf keinen Fall verbieten lassen. Und außerdem, alle die schon länger hier sind haben jetzt fast schon alles von Niccolo und Lymond durch - oder habe ich jemand übersehen? So daß es wegen der Spoiler nicht mehr allzu großer Rücksicht bedarf. Ich werde trotzdem diese Verfahrensweise beibehalten, aber jeder ist frei selbst zu entscheiden.
Diskussion:
Unser Hauptanliegen ist, hier überhaupt über Dunnetts Bücher zu diskutieren. Ob wir das ganz am Text tun, oder ob wir daraus Ideen schöpfen und weit über den Text hinaus diskutieren, das liegt an den einzelnen Themen wie Teilnehmern. Dunnett bleibt zwar die Grundlage, aber wir hatten auch schon Diskussionen über die Bücher hinaus. Das ist von Situation zu Situation sehr unterschiedlich und entwickelt sich nicht nach einem bestimmten Schema.
Es ist eben manchmal so, daß man schnell an die Grenzen eines Internetforums stößt. Und lange Texte zu schreiben, dazu braucht es Zeit. Um auf Beiträge lange einzugehen auch. Und wir sind hier nicht allzuviele, deshalb sei bitte nicht ungeduldig, wenn mal was nicht so schnelle in Gang kommt wie erwartet.
Martine
ganz zerknirscht.